#10 Erlebnisreiche Fahrt von Bari nach Brindisi

10. Juni 2019

In den Tag hinein leben, das machen wir zurzeit gerade. Die Frage ist nur, in welchen Tag? Ist heute eigentlich Sonntag oder doch schon Montag? Wir sind sehr dankbar, diese Erfahrung machen zu dürfen, in der wir nicht wissen müsssen, welcher Tag heue ist. Keine Termine, keine vollen Kalender. Keine Herausforderungen und stressigen Situationen – oder doch Stress?

Es soll weitergehen und zwar nach Villanova de Ostini. Die Wind- und Wettervorhersage ist günstig, das wollen wir nutzen. Das Meer ist spiegelglatt, eine ruhige, friedliche Atmosphäre. Es liegt Piniengeruch in der Luft. Die Morgensonne bringt eine angenehme Wärme. Unter Großsegel und Genua geht´s los, aber eine Stunde später müssen wir das Vorsegel einrollen und die Maschine mitlaufen lassen. Im Mittelmeer für SeglerInnen ziemlich üblich. Segel rauf, Segel runter, Motor aus, Motor an – im Stundentakt. Doch an diesem Tag hat sich der Wind wohl eine komplette Pause gegönnt. 3 Stunden geht´s mit dem Motor voran und dann….. Der Motor verliert an Leistung. Immer wieder sehen wir uns fragend an. Was kann das sein? Motor überhitzt? Wir schalten ihn aus…. schwerer Fehler, denn als wir nach 10 Minuten wieder probieren – Funkstille. Der Motor scheint defekt zu sein.

Wir können es nicht fassen. Was ist zu tun? Wir sind ca. 2 Seemeilen vom Land entfernt und der Wind schlichtweg nicht vorhanden. Der Motor will und will einfach nicht anspringen. Jetzt heißt es Ruhe bewahren. Eindeutig eine Stärke von Christian. In aller Ruhe werden die verschiedenen Varianten durchgegangen und außerdem haben wir noch einen Joker.

Doch bevor wir von unserem Anrufjoker berichten geschieht etwas Unfassbares. Der Motor ist ca. 3 Minuten still und will nicht angehen, da kommen 6-8 Delfine auf uns zu.

Noch niemals haben wir die Meeressäuger so nah und so lange betrachten können. Fast 20 Min. tummeln sich manchmal 6-8 Delfine vorne um unseren Bug. Während Christian mit dem Motor beschäftig ist, sprechen Delfine zur Seglerfrau, sprechen ihr Mut und Kraft zu. Immer wieder lassen sie Laute von sich und tauchen direkt neben dem Boot auf. Es scheint als wollen sie sagen: „Ruhe bewahren, das wird schon, der Motor springt sicher wieder an“….

Erste Tränen …

Wundeschön, dass man sich nicht einmal getraut, die Kamera zu holen, da man befürchtet, sie könnten während dessen verschwinden. Darum gibt es leider auch nur dieses Foto, welches aber leider die Situation nicht so wiedergeben kann.

Mit dieser Ruhe und Gelassenheit dieser Tiere widmen wir uns unserem Problem – der defekte Motor und kein Wind! Und nun zu unserem „Joker“.

Noch vor der Reise werden wir Mitglied vom Verein „Skippercard“. Die

bietet weltweit professionelle medizinische sowie technische Assistenz und schnelle Ersatzteillieferung für Yachteigner, Charterskipper und Crew. Ihre Ärzte und spezialisierten Techniker stehen registrierten Kunden rund um die Uhr weltweit zur Verfügung. Eindeutig ein Fall für unsere jetzige Situation. Sogleich wählen wir die Nummer und Oliver meldet sich. Schritt für Schritt werden alle Details des Motors durchgegangen. Die Aufgaben waren klar verteilt. Doris achtet darauf, dass wir mit dem Schiff weg vom Land kommen – auch eine Herausforderung ohne Wind – und Christian widmet sich dem Motor. Immer wieder wurde mit Oliver telefonisch Kontakt aufgenommen – auch er versprühte eine unglaubliche Ruhe und Gelassenheit.

Nach 2 Stunden „harter“ Arbeit und Schweißausbrüchen schaffen wir es endlich die Maschine zu starten. Das Problem war einerseits, dass der Dieselfilter mit schmutzigen Diesel vertopft war, andererseits der Starter durch die Rüttelei keinen Kontakt mehr hatte.

Jetzt aber weiter – Richtung nächster Marina. Das war die in 11 Meilen entfernte Marina Villanova. Laut Internet ein Hafen für alle Schiffsgrößen. Angespannt fahren wir mit dem „proffessorisch reperarierten“ Motor zur Marina. Und dann das nächste Problem:

Unser Schiff hat einen Tiefgang von 1,80 m. Bei der Einfahrt noch alles ok. Und dann plötzlich stecken wir. Die Fischer deuten immer wieder, wir sollen doch weiter fahren und anlegen, aber nicht für unser Schiff. Hier ist es eindeutig zu seicht für uns. Unser Rumpf steckt bereits im Schlamm und wir kommen weder vorwärts noch rückwärt. Jetzt müssen wir mehr Gas geben – hoffentlich hält unser Motor….

Geschafft. Wir haben uns aus dem Schlamm befreit und rückwärts geht es neben den Fischern retour. Das ist nochmals gut gegangen. Nur was nun? Die nächste Marina befindet sich 20 Seemeilen entfernt. Hilft nichts. Da noch immer kein Wind weht, müssen wir es wagen mit dem Motor die nächsten 5 Stunden weiterzufahren. Dunkelheit bricht an. Der nächste Hafen wird angesteuert. Die Marina Brindisi soll es werden.

Eingelaufen sind wir in Brindisi am Dienstag um 01 Uhr in der Früh. Nach 16 Std. schalten wir endlich den Motor aus. Kaum zu glauben, wie leise es ist. Wir hatten die ganze Zeit immer unter 5 Knoten Wind, das reicht leider nicht zum Segeln. Der Motor hat gehalten. Erstmals sind wir froh, wieder Land zu spüren.

Wer eine Langfahrt unternimmt, erlebt neben den vielen schönen Dingen auch immer wieder Rückschläge technischer Art. Dies haben wir immer wieder gelesen und auch Bootseigner berichteten diesen Umstand. Es gibt wohl kaum einen Bootseigner, der nicht schon fluchend vor irgendeinem kaputten Ausrüstungsgegenstand gesessen hat. Nicht umsonst gibt es das weitbekannte Bild von den Blauwasserseglern: Sie reparieren sich an den schönsten Ankerplätzen um die Welt. Kein Wunder: In einer salzig-feuchten Umgebung wird die gesamte Technik an Bord einer Blauwasseryacht dauerbeansprucht. Und bei uns war es nach 2 Wochen schon soweit. 🙂

Brindisi

Brindisi ist eine normale italienische Stadt. Nicht besonders hübsch, aber sehr nett anzusehen. Die Marina liegt weit außerhalb. In die Stadt fährt ein Linienbus, den wir am nächsten Tag nehmen. Direkt in der Stadt befindet sich ein Nauticshop. Neuer Schlauch, Dieselfilter und Ölpumpe werden gekauft. Der Motor bekommt somit sehr viel Aufmerksamkeit in den nächsten Stunden.

Erkenntnis der Woche

Die Ruhe zu bewahren bedeutet, in einer schwierigen Situation gelassen und ruhig zu bleiben. Es bedeutet, geduldig, ruhig, klar und optimistisch zu bleiben, besonders in Situationen, in denen wir uns besonders überfordert fühlen, da es scheint, dass wir nicht dazu fähig sind, die Situation unter Kontrolle zu bringen.

Egal wie die Situation ist, sie wird nicht ewig dauern und sie wird überwunden.

6 Kommentare

  1. Hallo, ihr Beiden
    Mit Spannung erwarten wir immer eure neuen Berichte. Wir hoffen, dass solche Zwischenfälle
    nicht zu oft auftreten werden. Das Erlebnis mit den Delphinen ist einzigartig und wird ewig in Erinnerung bleiben. Liebe Grüße von der Heimat und weiterhin
    eine tolle Reise ohne Zwischenfälle. Ingeborg und Ernst

  2. Fürnau Florian

    Das Dieselfilterproblem hatte ich auch schon einmal!
    Hab damals auch zuerst blöd aus der Wäsche geschaut und struckturiert das Problem gelöst! Wünsch euch noch einen Pannenfreien Törn!

    lg Flo

  3. Ihr macht es ja gleich in den ersten Wochen richtig spannend für eure „Fans“ 😉
    LG aus eurer Heimatmarina „Izola“, und gute Weiterfahrt mit tollem Wind!

  4. Super Bericht.
    Wünsche euch Beiden das die technischen Probleme nicht allzu oft auftauchen.
    Um das Erlebnis mit den Delphinen beneide ich euch.
    Ganz liebe Grüße von zu Hause.
    Rosi CYC

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